Der ehemalige Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer und der ehemalige Oberstaatsanwalt Ingo Hromada stellten am Mittwoch, den 13. Dezember 2023 in der VHS Trier der Öffentlichkeit bereits den zweiten Zwischenbericht ihrer wissenschaftlichen Studie zur Aufarbeitung der Umstände um den Fall Edmund Dillinger vor. In gleicher Weise wie die beiden an der Universität Trier angesiedelten Studien (d.h. unser laufendes historisches Projekt sowie die psychologische Studie um das Team von Michelle Lange und Petra Hank) wurde die Aufarbeitung des Falles von der Stiftung „Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier“ beauftragt, womit die Unabhängigkeit der Studien gewährleistet wird. Die beiden Experten Brauer und Hromada betonten während der Pressekonferenz ihre Unabhängigkeit und sicherten vor allem in Bezug auf die Betroffenen „strenge Vertraulichkeit“ zu. Initiiert wurde diese Studie, nachdem der Neffe des Beschuldigten, der am 27. November 2022 verstorben war, in dessen Nachlass umfangreiches Bildmaterial fand, „das den Verdacht auf langjährigen sexuellen Missbrauch von Jugendlichen, Kindern und anderen Schutzbefohlenen begründete.

Der erste Zwischenbericht wurde am 20. September 2023 ebenfalls im Rahmen einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt. Hieraus ging hervor, dass die ehemaligen Staatsanwälte Jürgen Brauer und Ingo Hromada für die Einarbeitung in den Fall sowie seiner Umstände auf Vorarbeiten unseres Projekts zurückgreifen konnten. Zum einen war für sie die bisher bereits umfangreiche Auswertung der Akten des Bistums Trier durch unsere Projektmitarbeiterin Lena Haase hilfreich, zum anderen waren die Internetrecherchen unserer wissenschaftlichen Hilfskraft Maximilian Eifert ebenfalls nützlich. Während sich der erste Zwischenbericht vor allem auf das Aufarbeitungskonzept und den Stand der Aufarbeitung konzentrierte, wurde im zweiten Bericht eine umfangreiche inhaltliche Auswertung insbesondere des noch vorhandenen Bildmaterials, persönlicher Terminkalender Edmund Dillingers und erster Gespräche mit Betroffenen und Zeitzeug:innen präsentiert.

Nachdem die Staatsanwaltschaft Saarbrücken die durch den Fund im Hause des verstorbenen Dillinger angestoßenen Ermittlungen eingestellt und die Vernichtung der entsprechenden Asservate angeordnet hatte, ist von dem Bildmaterial und den persönlichen Terminkalendern, die einen Jahrzehnte langen Zeitraum von 1967 bis 2021 abdeckten, nur noch ein Bruchteil übrig. Dieser Umstand wurde nicht nur medial vielfach kritisiert, sondern auch von Brauer und Hromada während der Pressekonferenz eindringlich als Verlust für die Aufarbeitung des Falls betont. Im Zwischenbericht heißt es hierzu deutlich:

„Dass die Entscheidung über unser in den Akten befindliches Einsichtsgesuch vermutlich bewusst bis nach der Vernichtung der Asservate zurückgestellt wurde, stellt einen gravierenden, nicht nachvollziehbaren und leider auch nicht mehr zu behebenden Fehler dar.“

Brauer, Jürgen/Hromada, Ingo: Sexueller Missbrauch an Kindern und Jugendlichen im Bistum Trier. Zweiter Zwischenbericht der wissenschaftlichen Studie zu den Umständen des Falles Edmund Dillinger, [Trier 2023], S. 18. (Am Ende der Seite finden Sie die Möglichkeit des Downloads beider Zwischenberichte.)

In diesem Kontext kritisierten die beiden insgesamt die Ermittlungsarbeit der Saarbrücker Staatsanwaltschaft und Polizei zu diesem Fall. Das Ausmaß des Verlustes für die Aufarbeitung konnte anhand der zwei durch die Staatsanwaltschaft Mainz gesicherten Terminkalender der Jahre 2013 und 2016 bemessen werden. Das Potential der Kalender für die Aufarbeitung bestand vor allem im Abgleich mit Berichten und Informationen von Zeitzeug:innen und Betroffenen, unter Umständen auch mit weiterem Aktenmaterial, da Dillinger diese „sorgfältig und akribisch führte“. Der so entstandene Schaden wiegt gleichfalls für unser historisches Projekt schwer.

Beendet wurde der Kommentar zum Zwischenbericht mit einem Appell an alle Personen – besonders mögliche weitere Betroffene und Zeitzeug:innen – die weitere Informationen zur Verfügung stellen können, sich bei den beiden ehemaligen Staatsanwälten zu melden und damit erheblich zur Aufarbeitung des Falles beizutragen.

Diesem Apell können wir uns nur anschließen und ebenfalls als Ansprechpartner:innen anbieten. Weitere Ansprechpersonen und Anlaufstellen finden Sie auch auf unserer Homepage unter dem Reiter „Weiterführende Links“ (Ganz unten links).

Categories: Berichte

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